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Beim akuten Schmerz hat der Schmerz Signalcharakter und erfordert eine gezielte Abklärung möglicher Ursachen. Doch auch in diesem Stadium ist, z.B. bei einer akuten Rückenschmerzattacke, zeitgleich zur Abklärung möglicher schwerwiegender Ursachen die Gabe von geeigneten entzündungshemmenden und schmerzstillenden Medikamenten (wenn nötig in Kombination mit einem ausreichenden Magenschutz) sinnvoll, um die Dauer der Schmerzen so kurz wie möglich zu halten und vor allem eine Chronifizierung zu verhindern.
Was geschieht eigentlich bei der Chronifizierung von Schmerzen? Es kommt zuerst zu einer Überempfindlichkeit im Schmerzbereich mit einer Senkung der Schmerzschwelle – wir nennen dies die periphere Sensibilisierung. Das heißt, dass auch Reize die normal nicht schmerzhaft sind in diesem Areal als schmerzhaft empfunden werden. Gegen diese "periphere Sensibilisierung" wirken alle herkömmlichen nichtsteroidalen Antirheumatika.
Bereits nach wenigen Wochen kommt es besonders im Rückenmarksbereich zu beginnenden Umbauvorgängen. Dabei werden neue Schmerzrezeptoren und Schmerzverschaltungen gebildet und die normal inaktivierten schmerzunterhaltenden Nervenbotenstoffe freigesetzt. Das hat zur Folge, dass dem Schmerz im Zentralnervensystem zunehmend mehr Bedeutung gegeben wird, als ihm eigentlich zusteht. Nicht zuletzt im Gehirn wird dem Schmerz ein größeres Repräsentationsareal zugestanden und damit die Schmerzwahrnehmung verstärkt und zum Teil fehl- oder überinterpretiert. Dies nennen wir die "zentrale Sensibilisierung". Darauf haben unter anderem die Opiate, hauptsächlich zentral wirkende Medikamente, einen schmerzstillenden Einfluß. Im Extremfall kann es dazu kommen, dass die auslösende Ursache gar nicht mehr vorhanden ist, der Schmerz aber unvermindert weiterbesteht, da die zentralen Umbauvorgänge noch aufrecht sind.
Warum ist also die fachgerechte und rechtzeitige Verordnung von Schmerzmedikamenten nach einem ganz genau von der WHO (Weltgesundheitsorganisation) vorgegebenen Schema beim Schmerz so wichtig? Um die Chronifizierung gar nicht ausufern zu lassen, oder um dem Körper bei bereits bestehenden zentralen Umbauvorgängen durch Reduktion des Schmerzeinstroms die Möglichkeit zu geben, sich wieder zu erholen und die pathologischen Umbauten wieder rückgängig zu machen. Ein zweiter wichtiger Grund einer möglichst guten Schmerzreduktion ist die Notwendigkeit der ehestmöglichen Wiederaufnahme von normalen Aktivitäten bis hin zu speziellen Muskelkräftigungsübungen. Durch die schmerzbedingte Schonung kommt es sehr rasch zu einer zunehmenden Muskelabschwächung und durch Überlastung von passiven Bewegungsstrukturen zur Verstärkung der bestehenden Schmerzen und daraus resultierender weiterer Schonung. Dieser Teufelskreis gehört durchbrochen!
Ob, wann und welche Medikamente Sie bei Ihrem speziellen Krankheitsfall benötigen und wie das beste Wirkungs-Nebenwirkungsverhältnis erzielt werden kann, erarbeiten wir gemeinsam mit Ihnen im Rahmen der Therapieplanerstellung.
WHO-SCHEMA
Schon 1996 hat die Weltgesundheitsorganisation WHO einen Vorschlag für einen wirkungsvollen, aber auch möglichst nebenwirkungsarmen Einsatz von Schmerzmedikamenten gemacht, der seitdem von allen Schmerztherapeuten weltweit eingesetzt wird. Dabei hat es sich als vorteilhaft erwiesen, 2-3 einander unterstützende, unterschiedlich wirkende Medikamente zu kombinieren, weil dadurch die Wirkung zunimmt, gleichzeitig aber die Dosis der Einzelmedikamente möglichst gering gehalten werden kann:
STUFE I: mittelstarker Schmerz ANTIRHEUMATIKA (NSAR)
(z.B. Seractil, Voltaren, Parkemed,…)
WIRKUNG: Mäßig schmerzstillend, entzündungshemmend, abschwellend
+ Hilfsstoffe (Muskelentspannung, Magen- schutz, gg. Übelkeit, Antidepressiva,…) |
STUFE II: starker Schmerz SCHWACHE OPIOIDE
(zB.: Tramal, Codidol,…)
WIRKUNG: stark schmerzstillend, NICHT entzündungshemmend
+ STUFE I-Medikamente
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STUFE III: sehr starker Schmerz
STARKE OPIOIDE
(z.B.: Hydal, Oxycontin, Temgesic,…)
WIRKUNG: sehr stark schmerzstillend, NICHT entzündungshemmend
+ STUFE I-Medikamente |
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