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Das Biopsychosoziale Krankheitsmodell als Arbeitsgrundlage für eine wirklich tiefgreifende Therapie von chronischen Schmerzen hat sich international seit über 25 Jahren bestens bewährt. Die darin formulierten Überlegungen zu Ursache und Aufrechterhaltung von chronischen Schmerzerkrankungen kennt jeder Betroffene leider nur zu gut.
Jeder, der an Schmerzen leidet, die nicht wie z.B. ein Beinbruch oder eine Blinddarmentzündung eindeutig zuordenbar sind, entwickelt relativ rasch Ideen und Vorstellungen darüber, woher sein Schmerz seiner Meinung nach kommt, welche Zusammenhänge mit diversen lebensverändernden Umständen bestehen oder auch, warum denn keine der bisherigen Schmerztherapien geholfen hat. Diese ganz individuellen Vorstellungen führen mit der Zeit zu einem geänderten Verhalten, was den Schmerz betrifft - z.B. wird Bewegungsapparatschmerz subjektiv sehr oft als aktivitätsausgelöst bzw. -verschlechternd gesehen und dementsprechend körperliche Schonung und Vermeidung vermeintlicher Überlastungen als hilfreich erachtet. Die dadurch immer schlechter werdende allgemeine Fitness und Muskelfitness führt dann tatsächlich zu immer mehr Belastungsschmerzen nach längerem Stehen, Gehen oder Alltagstätigkeiten, was die Ausgangshypothese trügerischerweise zu bestätigen scheint. Außerdem führen chronische Schmerzen sehr oft schleichend in eine soziale Isolation, weil man einfach nicht immer wieder auf Fragen wie z.B.: "Na, geht's schon besser?" antworten oder sich verstellen will und sich nicht wieder die zwar gutgemeinten Erklärungen und Empfehlungen von Bekannten aussetzen will. Zudem wird jemand, der nach spätestens 1 Stunde sitzen schmerzbedingt aufstehen muß, nicht mehr ins Konzert oder Theater gehen, weil er/sie spätestens nach dem dritten Mal Heimgehen nach der Hälfte des Programmes keinen Sinn mehr darin sieht.
Dass dies alles nicht den Humor fördert, sondern fast unvermeidlich in reaktive depressive Zustände führen muß, belegen auch Studien eindrucksvoll:
"50% der chronischen Schmerzpatienten haben auch eine Depression und 50% der Depressiven leiden auch an chronischen Schmerzen!"
Dies wird oft noch dadurch verstärkt, dass viele Bewegungsapparatschmerzen die durchschnittliche Schlafdauer auf unter sechs Stunden drückt, was selbst depressinogen wirkt!
Aus diesen Überlegungen ist die logische Konsequenz, dass der chronische Schmerz nicht nur bezüglich seiner "biologischen" Ursachen therapiert werden sollte, sondern auch bezüglich seiner sehr einschränkenden psychosozialen Auswirkungen. Denn:
"Wir sind körperliche, seelische und soziale Wesen zu gleichen Teilen. Daher ist es nur ein Zeichen von Unwissenheit, davon auszugehen, dass die chronische Schmerzkrankheit wirklich ausschließlich durch Therapie unseres körperlichen Menschseins beizukommen wäre und nicht durch einen möglichst alle Aspekte berücksichtigenden Therapieansatz!"
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